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<1>FOCUS Rehabilitation 20181>
<3>Wirksamkeit der Rehabilitation im FOCUS3>
Am 12. Oktober 2018 fand die dritte Veranstaltung der Symposium-Reihe FOCUS Rehabilitation mit dem Thema „Wirksamkeit der Rehabilitation“ in Ulm statt. Prof. Dr. Gert Krischak, Leiter des ifr Ulm, begrüßte zahlreiche Gäste aus Kliniken, der Wissenschaft, von Leistungsträgern und verschiedenen Verbänden im Rittersaal der Villa Eberhardt. Die Veranstaltung gliederte sich in zwei Teile. Während im ersten Teil wissenschaftliche Ansätze zur Untersuchung der Wirksamkeit der Rehabilitation thematisiert wurden, stand im zweiten Teil der Transfer der gewonnen Erkenntnisse aus der Rehabilitationsforschung in die Versorgungspraxis im Focus.
v.l. Andreas Schmöller, Prof. Dr. Franz Porzsolt, Dr. Ralph Möhler, Prof. Dr. Gert Krischak, Juan Victor Coseriu Pisani
Zum Auftakt der Veranstaltung berichtete Prof. Dr. Krischak über einen neuen Ansatz, wie ein Wirksamkeitsnachweis der Rehabilitation gelingen kann. In diesem Ansatz wird eine Vergleichsgruppe anhand von Nicht-Rehabilitanden, die ein ähnliches Behandlungsmuster wie Rehabilitanden im Vorjahr der Rehabilitation aufweisen, gebildet. Anschließend werden die Rehabilitationskosten, die Behandlungskosten zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse und die Arbeitsunfähigkeitsdauer zwischen den beiden Gruppen mit ökonomischen Analysen verglichen. Dabei zeigte sich ein gesellschaftlicher Nutzen der Rehabilitation von einer viertel Milliarde Euro pro Jahr. Weitere Rechnungen zur Verzögerung von Erwerbsminderungsrenten ergaben einen zusätzlichen gesellschaftlichen Nutzen der Rehabilitation über 180 Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt schätzte Prof. Dr. Krischak den jährlichen gesellschaftlichen Nutzen der Rehabilitation auf eine halbe Milliarde Euro.
Dr. Ralph Möhler (Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld) betonte im Anschluss, dass für ihn nicht so sehr die Frage nach der Wirksamkeit der Rehabilitation als komplexes System im Vordergrund steht, sondern vielmehr die Frage nach der optimalen Gestaltung der Rehabilitation (z.B. welche Art von Maßnahmen in welcher Intensität). Hierfür empfahl Dr. Möhler im ersten Schritt eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT) durchzuführen, die dann im zweiten und dritten Schritt durch eine Prozessevaluation und eine ökonomische Evaluation ergänzt werden.
Wer sich mit dem Thema Wirksamkeitsnachweis beschäftigt kommt an den drei 40 Jahre alten Forderungen von Sir. A. Cochrane und Sir A. Bredford Hill „Can it work? Does ist work? Is it worth it?“ nicht vorbei. Prof. Dr. Franz Porzsolt (Institute of Clinical Economics, Ulm) griff diese Forderungen auf und beleuchtete sie im Lichte der aktuellen Gegebenheiten. Zur Beurteilung einer Intervention sollten laut Prof. Dr. Porzsolt alle drei Fragen beantwortet werden. Da die Rehabilitation ein anerkanntes Verfahren darstellt, sieht Prof. Dr. Porzsolt die erste Frage bereits beantwortet. Zur Beantwortung der zweiten Frage schlägt er eine pragmatische Studie vor. Bei dieser Art von Beobachtungsstudie, wird die Gesamtpopulation in Risikogruppen bezüglich des Endpunktes eingeteilt. Anschließend werden die Effekte der untersuchten Therapie mit den Effekten aller anderen Therapiemöglichkeiten verglichen.
Der zweite Teil des Symposiums wurde nach einer kurzen Mittagspause durch den Vortrag von Andreas Schmöller (Fachbereichsleiter Rehabilitationsmanagement AOK Baden-Württemberg) eingeleitet. Herr Schmöller wagte dabei einen Blick in die Zukunft und stellte die Perspektiven der AOK Baden-Württemberg zur Weiterentwicklung der Rehabilitation vor. Seiner Ansicht nach fände die Rehabilitation ohne die Forschung kein Gehör in der Politik. Insbesondere die „Geiz-ist-Geil-Mentalität“ vom Bundesrechnungshof kann Herr Schmöller nicht nachvollziehen. In seinen Augen muss Versorgung etwas kosten, die günstigste Rehabilitation ist nicht die Beste. Das Ziel der AOK Baden-Württemberg ist es, den Grundsatz „Reha vor Pflege“ mit mehr Leben zu füllen. Den Grund für die geringen Antragszahlen in der geriatrischen Rehabilitation sah Herr Schmöller darin, dass Rehabilitationsbedarf bei älteren Versicherten zu spät erkannt werden würde. Deswegen soll Rehabilitation in der Bevölkerung und bei niedergelassenen Ärzten stärker beworben werden. Durch die Rehabilitation, so Herr Schmöller, kann sich die Versorgungssituation von älteren Versicherten verbessern, was auch den Kassen zugutekommt. Wichtige Ziele für die Zukunft sind die Erhöhung der Rehabilitationsquote durch die Einführung der AOK proReha-Konzepte und die Kombination von Kurzzeitpflege mit rehabilitativen Modulen, zur Festigung der Rehabilitationsfähigkeit älterer Versicherter.
Die Zukunft der Rehabilitation aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung stellte Juan Victor Coseriu Pisani (DRV Baden-Württemberg) vor. Die DRV Baden-Württemberg steht ebenfalls vor dem Problem sinkender Antragszahlen, während der Rehabilitationsbedarf durch höhere Multimorbidität in der Bevölkerung sowie dem demografischen Wandel stetig steigt. Zu wichtigen Zielen zählt laut Herrn Coseriu Pisani die Verbesserung der lückenlosen, zeitnahen Versorgung bei unterschiedlicher Leistungsträgerschaft. Dabei lobte er die gute Zusammenarbeit mit der AOK Baden-Württemberg, wohingegen die Zusammenarbeit mit anderen Kassen meist schwierig sei. Ebenso warnte er Rehabilitationseinrichtungen, dass die DRV Baden-Württemberg keine Dumping-Preise akzeptieren werde. Zukunftsvisionen von Herrn Coseriu Pisani sind einfachere, flexiblere und transparentere Rehabilitationsverfahren in engem Austausch mit dem Versicherten sowie eine flexiblere Ausgestaltung der Inhalte. Weiterhin soll die wohnortnahe Rehabilitation ausgebaut, zielgruppenspezifische Präventions- und Rehabilitationsangebote entwickelt und die Nachsorge optimiert werden.
Herr Prof. Dr. Krischak dankte abschließend den Organisatoren, allen Referenten und Teilnehmenden für die wertvollen Impulse zum Thema Wirksamkeit der Rehabilitation und den regen Austausch im Rahmen des dritten Symposiums FOCUS Rehabilitation.